Stimmen

Cristoffer Cornils zu "Lascia vibrare... – Solostücke I"

Eine gewisse Doppeldeutigkeit prägt auch Andreas F. Staffels »Lascia vibrare … – Solostücke I«, einer Sammlung von acht Solo-Stücken, die von Musiker*innen aus der Szene für zeitgenössische Musik in Berlin wie Elena Kakaliagu und Nikolaus Schlierf präsentiert werden. Der Berliner Komponist beschäftigt sich zwar vorrangig mit ästhetischen Fragen, doch scheint es unter der Oberfläche zu brodeln.

So zum Beispiel in den »Fünf Episoden für einen singenden Bratschisten«, die Schlierfs Virtuosität voll zur Geltung bringen und deren Titel wie »Versetzung gefährdet« dennoch ein grundlegendes Gefühl der Beklemmung andeuten. Im letzten Stück singt Schlierf fünf Worte, die einem Gedicht von E. E. Cummings entnommen sind. Die Zeile »Who are you, little I?« erhält in rekontextualisierter Form eine neue Bedeutung. Ist dies noch eine Ode an die Transformation oder schon Ausdruck einer Identitätskrise? Subtilitäten wie diese lassen Staffels Musik – dem Titel entsprechend – nachklingen und ermöglichen es dem Publikum, seine verborgenen Geheimnisse auf emotionaler statt rein intellektueller Ebene zu ergründen.

aus: field notes | Zeitgenössische Musik in Berlin, Found Sounds #5
Das (Un-)Behagen in der Musik | 29. Juli 2025 | Cristoffer Cornils

Rainer Nonnenmann zu "Beethoven_off_set"

Der vierte Satz beginnt wie Beethovens Finale ff mit der „Schreckensfanfare“, vor allem in den Bläsern des Ensembles, während das Beethoven-Orchester schon nach Takt 3 aussetzt und das Ensemble alleine weiterspielt, dann allerdings nur noch „subito pp“. (...) Den lange vorbereiteten Instrumentaleinsatz der „Freude“-Melodie übernimmt dann als Audio- und Videozuspiel der Nazipropagandafilm der Aufführung von Beethovens neunter Symphonie am 20. April 1942 – zu Adolf Hitlers Geburtstag vor ranghöchster Nazi-Prominenz – mit den Berliner Philharmonikern unter Leitung von Wilhelm Furtwängler. (...) Das Ensemble reagiert darauf wie paralysiert, indem es nicht Beethovens Neunte und deren fatale Rezeption im Dritten Reich zurücknimmt, sondern sich selbst. (...) Zweimal lassen die Vokalisten den Zischlaut „z“ stark anschwellen und dann plötzlich abreißen, um stumm mit geöffnetem Mund zu verharren. Nach diesem sichtbaren Zeichen der Rat- und Sprachlosigkeit erstarrt und verebbt das Stück schließlich mit versprengten Instrumentalaktionen und ziellos taumelndem Summen, wie eine „Zurücknahme“ von Beethovens im Tutti, Fortissimo und Prestissimo zu Ende wirbelndem Schlusssatz.

Aus: Rainer Nonnenmann: Komponierte „Zurücknahmen“ von Beethovens IX. Symphonie. In: Die Musikforschung, Heft 2/2023

Martin Hufner zu Beethoven_off_set

Das hatten wir hier, glaube ich, noch nie: eine Online-Präsentation als Partitur-Video. Zu sehen und zu hören ist der dritten Satze (III. Adagio molto) von Andreas F. Staffels Komposition „Beethoven_off_set (oder ich nehme sie zurück, die neunte Symphonie)“. Im Dezember 2020 wurde mithilfe der VSL-Library sowie Live-Einspielungen der dritte Satz des vierzigminütigen Orchesterstücks im Studio eingespielt. Der Komponist und die zugeschalteten Künstler stehen danach dem Journalisten und Autoren Fritz Schütte zu Fragen der Entstehung des Werks Rede und Antwort. Ich habe schon mal in Passagen der Komposition hineinhören können: Eine erstaunlich gute klingende Textur und fein schillernde Partitur im Klang.

Martin Hufner, Neue Musikzeitung (nmz), 02/2021

Zu "Das dritte Streichquartett"

Mit dem Royal Stringquartet Warsaw waren spürsinnige Interpreten zu erleben, die jeder Note, jedem geräuschhaften Element ihre konzentrierte Aufmerksamkeit widmeten –Tüftler am Werk, die Schwieriges heraus zu modellieren vermochten.Das Dritte Streichquartett von Andreas Staffel lebt vor allem vom klanglichen Spektrum der Instrumente. Es erzählt intensiv in atmosphärischer Dichte von der Auseinandersetzung des Komponisten mit der abstrakten Malerei Gerhard Richters.

Märkische Zeitung, 06/2019

Zu Kompositionen für Akkordeon

Unter der Überschrift Mixtur erklangen Kompositionen für Akkordeon von Andreas Staffel, die beeindruckend von Neza Torka umgesetzt wurden.

Neue Musikzeitung (nmz), 07/19

Zu "Polymonolie II"

„Lieber Andreas, ich gratuliere dir ganz herzlich zur UA im Scriabin Museum Moskau! Das Stück wurde sehr warm aufgenommen, es hat mich so sehr gefreut, deine Musik aufzuführen!" Sergej Tschirkow, 11/2015

Zu "Fluctuations"

“I was about to write to you to say that the piece Fluctuations by Composer Andreas F. Staffel is a wild, strange and (in the best sense of the word) perverse piece.” James Erber, London 09/2018

Zu "The Recognitions"

Der in Aachen geborene, mittlerweile in Berlin ansässige Komponist Andreas Staffel ließ sich für sein 17-minütiges Orchesterwerk „The Recognitions“ vom dickleibigen Roman „Die Fälschung der Welt“ des Amerikaners William Gaddis inspirieren. Die buntscheckige Collage bizarrer Künstlerbiografien zwischen Kirche und lateinamerikanischem Widerstandskampf spiegelt sich in der komplexen Anlage des Werks wider. Gekonnt verknüpft der Komponist das große Orchester mit Fernensemble, Schlagzeug-Combo und Tonbandeinspielungen, changiert stilistisch zwischen Mambo-Rhythmen und Zitaten aus der altniederländischen Vokalpolyphonie und findet trotz der disparaten Anlage zu einem persönlichen Ausdrucksstil. Dass sich die Spannung über alle fünf Teile des kapitalen Werks aufrechterhalten lässt, spricht sowohl für die Inspiration des Komponisten als auch für die Qualität der Interpretation, die bei Marcus R. Bosch und dem Aachener Sinfonieorchester in denkbar guten Händen lag.

Pedro Obiera, Aachener Zeitung 2006

Zu "Chairos"

Andreas Staffel brachte zusammen mit zehn Sinfonikern zwei Teile aus seinem groß angelegten Zyklus „Chairos“ für zwei Tänzer, Sänger, Video und Ensemble zur Uraufführung. Natürlich „nur“ in konzertantem Rahmen. Wesentliche Bestandteile des Zyklus bildeten zwei Nachtmusiken, von denen die erste jetzt zu hören war. „Just another nightmusic“ mit dem Obertonspektrum des Tones als Materialbasis. Die Musiker zerstreuten sich räumlich, nahmen die Formation des Sternbilds der Leier an und entfalteten einen schemenhaft geheimnisvollen Klangschleier mit individuellem Kolorit. Handfester ging es im zweiten Uraufführungsstück zu, „Soleil et Chair“ nach einem Gedicht von Rimbaud über einen Tanz des nackten Pan und seine Verführungskünste. Die Komposition erfasst in schillernder Vielfalt verschiedenste Bewegungsgrade vom Stillstand bis zu baccantischem Übermut. Die Musiker setzten sich vorbildlich für das neue Werk ein. Nach der Pause konnte man Andreas Staffel am Klavier des originell besetzten Sextetts des fünfzehnjährigen Felix Mendelssohn Bartholdy erleben. Viel Beifall für ein außergewöhnliches Kammerkonzert.

Pedro Obiera, Rheinische Post, 04/2004

The composer and pianist captivated audiences with the breadth of his versatile talent at his concert in the newly founded Ningbo Concert Hall. The program included his own piano works as well as compositions by Debussy, Beethoven and Tan Dun. The large audience rewarded him with prolonged applause.

Ningbo Daily, People's Republic of China, 04/2000

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